public 7-8/2020

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Das türkis-grüne Regierungsprogramm greift tief in das strukturel- le und finanzielle Räderwerk von Städten und Gemeinden. Dass die kommunalen Interessenvertretungen auf Augenhöhe in die umfas- senden Neugestaltungs-Pläne eingebunden werden, bleibt jedoch ein Wunsch. Er ist alles andere als fromm. Die ersten Corona-Wochen zeigten, wie sich auch die neue Regierung ziert, ihn zu erfüllen. VON ALEXANDRA KELLER Partner und nicht Bittsteller

N icht nur Freundschaften zeigen in schweren Zeiten ihr wahres Gesicht. Satte Krisen lassen auch das Gebälk großer Systeme knirschen, zeigen Stärken und legen Schwachstel- len schonungslos frei. Nicht erst seit Beginn der Corona-Krise ist beispiels- weise bekannt, dass die Abgabenlast Österreichs Unternehmen erdrückt. Doch durch Corona wurde deutlich, wie unmöglich es dadurch etwa den Klein- und Mittelbetrieben (KMU) ge- worden ist, Rücklagen zu bilden, um Einbrüchen zu trotzen. Nicht erst seit Beginn der Corona-Krise ist klar, dass die Bürokratie des Landes schwerfällig ist und überbordend. Durch Corona wurde deutlich, welch fatale Auswir- kungen diese teils lebensfremden Konstruktionen und jedenfalls zermür- benden Verwaltungs-Traditionen ha- ben. Nicht erst seit Beginn der Corona- Krise ist bekannt, wie sehr sich Bund wie Länder zieren, den Städten und Gemeinden jene Rolle zuzugestehen, die sie im alltäglichen Dreiklang der Gebietskörperschaften haben sollten. Durch Corona wurde dieses Ungleich- gewicht weiterverschärft. Nachdem ab Mitte März 2020 alles Leben dem Virus unterworfen werden musste, kam es nach acht Wochen zum ersten Kontakt zwischen Bund und Gemeinden. Acht Wochen. Erst zwei Monate nach dem Lockdown, der die Kommunen nicht von ihrer Pflicht zur Aufrechterhaltung der Daseinsvorsor- ge befreite, sondern sie ganz im Ge- genteil multipel herausforderte, zeigte die Bundesregierung die Bereitschaft, über mögliche Unterstützungen für die finanziell strauchelnden Kommunen zu sprechen. „Vorher wurden sie – im Gegensatz zu den Ländern – nicht bei- gezogen“, weiß Peter Biwald, Geschäfts-

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Gemeinden müssen auf Augenhöhe eingebunden werden und nicht als Bittsteller dastehen.

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